Nein, ich spreche nicht nur von den lauten Krisen, zB Energiekrise, Ukrainekrieg, Corona, Mentalekrise, Klimawandel, steigende Rohstoffpreise, Rezession.
Ich spreche vor allem von einer sehr leisen Krise. In meiner Arbeit mit Führungskräften begegnen mir leider nur wenige Unternehmen, die ihren Fokus wirklich auf dem Mitarbeiter haben. Der Fokus liegt stattdessen auf der Output Maximierung. Ein Fokus, der logisch wäre, wenn wir Menschen „wirtschaftlich nutzenmaximierende Maschinen“ wären. Spoiler: Sind wir nicht!
Angesichts der Tatsache, dass menschliche Motivation ein komplexes und nebulöses Konzept ist, fordert es ein Umdenken, nämlich eine entsprechende Kultur, die diese berücksichtigt. Umso schlimmer, dass laut einer Umfrage der Harvard Business Review 58 % der Angestellten sagen, dass sie einem Fremden mehr vertrauen würden als ihrem direkten Vorgesetzten.
Gestern hat mich ein Telefonat erschüttert: „Mega mutig mit damit rauszugehen, das geht wohl nur, wenn man selbstständig ist. Ich könnte das nicht, denn ich stehe gerade vor dem nächsten Karriereschritt."
Das war die Reaktion einer Freundin auf meinen Post zum Thema Fehlgeburt auf LinkedIn. WOW!!! In welcher Welt leben wir denn??? Den eigenen Standpunkt nicht äußern dürfen, aus Angst vor der Auswirkung auf die eigene Karriere. HALLO?
Einmal dahingestellt, ob diese Angst real ist oder nicht. Der wesentliche Punkt ist, dass diese Ängste bestehen. Und eine versteckte Auswirkung auf unsere Leistung haben.
Die Forschungsarbeit der Harvard Professorin Amy Edmondson zeigt, dass die Kultur, in der wir uns bewegen, sich auf unser Verhalten auswirkt. Anders ausgedrückt beeinflusst die Unternehmenskultur unser Verhalten und übertrumpft damit sogar den Einfluss unserer Persönlichkeit. Eigentlich logisch, denn aus evolutionärer Sicht ist sozialer Aufschluss lebensbedrohlich.
Angst wirkt hemmend und verhindert, dass wir unser Potential im Unternehmen voll ausüben. Aber wie wollen wir denn in einer volatilen Welt auf Veränderungen reagieren und Innovation schaffen, wenn wir unser Potential nicht ausschöpfen? Wie wollen wir eine Arbeitgeber sein, bei dem Menschen gerne arbeiten, wenn wir Strukturen haben, in denen der Mensch nicht im Fokus steht?
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